Augendominanz

Die Augendominanz ist ein wichtiges, für viele Anfänger im Bogensport auch verwirrendes Thema. Immer wieder wird auch behauptet, dass die Augendominanz für intuitive Bogenschützen irrelevant ist, was jedoch unzutreffend ist. Ebenso wird manchmal behauptet, durch gewisse Blicktechniken könne die Augendominanz umprogrammiert werden, was so ebenfalls nicht möglich ist.
In folgenden erfährst Du, was die Augendominanz eigentlich ist, wie Du einen Augendominanz-Test durchführst und wie mit Kreuzdominanz umgegangen werden kann.

Was ist die Augendominanz?

Da wir zwei räumlich voneinander getrennte Augen haben, kommen in unserem Gehirn auch zwei unterschiedliche Bilder an. Bei ausreichender Ähnlichkeit “verrechnet” unser Gehirn die beiden Bilder zu einem Gesamtbild und “verschiebt” dieses auf die Sichtachse eines der beiden Augen.
Schießen wir als Rechtshänder nun einen Bogen der mit der rechten Hand gezogen wird und haben unser dominantes Auge ebenfalls auf der rechten Seite, verläuft unsere Sichtachse – mehr oder weniger – in einer Linie mit dem Pfeil. Der verlängert gedachte Pfeil und die Pfeilspitze weisen von der rechts-links Flucht her relativ genau ins Ziel.
Ebenso verhält es sich, wenn wir als Linkshänder und mit linkem dominantem Auge die Sehne mit links ziehen.
Fall jedoch Zughand und Sehnenhand auf unterschiedlichen Seiten liegen, sehen wir nicht mehr in gerader Linie über den Pfeil, sondern es ergibt sich immer ein seitlicher Versatz.

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Wichtige Information zur Augendominanz:

  • Die Augendominanz hängt nicht von der Händigkeit ab, weshalb sie immer getestet werden muss.
  • Bei ca. zwei Drittel der Menschen ist das rechte Auge dominant.
  • Bei einem sehr kleinen Prozentsatz (ca 2%) von Menschen ist die Augendominanz nicht festgelegt und das Gehirn wechselt zwischen beiden Augen.
  • Die Augendominanz ist genetisch determiniert und lässt sich nach allem was man weiß nicht durch Übungen “umprogrammieren”. Hierin liegt auch der Grund, warum bei Augenerkrankungen und Verletzungen die Erhaltung oder Wiederherstellung der Sehkraft des dominanten Auges als wichtiger erachtet wird – Einschränkungen der Sehkraft des dominanten Auges werden wesentlich störender wahrgenommen als umgekehrt.
  • Es wird vermutet, dass Eindrücke des nicht-dominanten Auges vom Führungsauge teilweise unterdrückt werden können. Ebenso scheint das dominante Auge bei Suchaufgaben schneller zu sein.
Buchstabensuppe und Zahlensalat: Wie die Augendominanz unser Lernen beeinflusst

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Augendominanz Test

Für das Testen der Augendominanz sind zwei Methoden gebräuchlich.

Augendominanz-Test mittels Daumensprung:

Mit beiden Augen offen den Arm ausstrecken und den Daumen über einen Punkt in mindestens fünf Metern Entfernung bringen. Nun abwechselnd die Augen schließen und wieder öffnen. Jenes Auge, bei dem der Daumen über dem anvisierten Punkt bleibt, ist das dominante Auge.
Bei diesem verbreiteten Test kommt es allerdings immer wieder zu Problemen. Überraschend viele Menschen haben Schwierigkeiten damit, ein einzelnes Auge zuzukneifen. Auch fällt es vielen schwer, den “schleierhaften” Daumen überhaupt über einen Punkt zu bringen, bzw. insbesondere dann, wenn sie auf den Daumen, anstatt auf den Punkt in der Ferne scharfstellen oder zwischen beiden Schärfeebenen wechseln. Daraus resultierend scheint der Daumen oft auch bei beiden Augen zu springen.
Diese Schwierigkeiten führen bei Einsteigerkursen mit schlampig durchgeführten Augendominanz-Tests mitunter dazu, dass eine falsche Augendominanz festgestellt wird.

Augendominanz-Test mittels “Blick durchs Loch-Methode”

Diese Methode eignet sich wesentlich besser. In der einfachsten Variante werden einfach beide Arme ausgestreckt und durch übereinanderlegen der Hände mit abgespreiztem Daumen ein kleines Guckloch gebildet. Die Testpersonen schauen jetzt mit beiden Augen geöffnet durch dieses Loch. Dann ziehen sie die Hände zurück bis zum Kopf, ohne dabei den anvisierten Punkt aus den Augen zu lassen. Damit kommen sie zwangsläufig beim dominanten Auge an. Zugleich sieht ein Beobachter auch schon im Vorhinein, vor welchem Auge sich die Hände befinden. Die Fehlerquote ist bei diesem Test wesentlich geringer als beim Daumensprung.
Alternativ zu den gestreckten Armen können auch gelochte Platten aus beliebigen Materialien verwendet werden.

Schützen mit nicht zur Augendominanz passenden Bogen an der Körperhaltung erkennen

Das ist keine Testmethode in dem Sinne. Wer jedoch häufig auf gut frequentierten (Ein)Schießplätzen unterwegs ist, wird immer wieder mal Schützen sehen, die mit einer sehr unnatürlicher, geneigt-verdrehter Kopfhaltung schießen. Sehr häufig sind diese Schützen kreuz-dominant ohne es zu wissen und versuchen unwillkürlich, ihr dominantes Auge über die Pfeilachse zu bringen um besser zielen zu können.

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Kreuzdominant – Was nun?

Wenn nun also die Händigkeit nicht zum dominanten Auge passt – die Person also kreuzdominant ist – muss eine Entscheidung getroffen werden. Entweder wird der Bogen nach Händigkeit gewählt – was motorisch einfacher ist – oder nach Augendominanz. Beides kann funktionieren!

Sind die beiden Bilder nicht hinreichend gleich, gibt es keine Augendominanz

Dies bedeutet, dass ein kreuzdominanter Schütze der seinen Bogen nach Händigkeit schießt, einfach ein Auge schließen kann. Das zukneifen eines Auges gilt als nicht optimal, da es auf Dauer anstrengend ist und zu Verspannungen führen kann. Es verbraucht auch mehr mentale Energie. Zudem kann es die Entfernungswahrnehmung beeinträchtigen. (All diese Dinge können, aber müssen nicht der Fall sein) Aus diesem Grund sollte Auge lieber mithilfe einer Schießbrille oder Augenklappe abgedeckt werden.

Es gibt jedoch noch eine weitere Möglichkeit:

Die Augendominanz “umtrainieren”

Wie oben bereits erwähnt, kann das dominante Auge nicht geändert werden. Es kann jedoch versucht werden, dass Gehirn dazu zu bringen, das richtige Bild zu nehmen. Dies kann deshalb funktionieren, weil unser Gehirn beim Bogenschießen an sich bereits zwei relativ unterschiedliche Bilder erhält, da sich vor einem Auge Sehne, Pfeil und Bogen befinden. (Die Augendominanz an sich verändert sich dadurch jedoch nicht)

Um das Gehirn hier auszutricksen, empfiehlt Urte Paulus in ihrem großen Buch vom Bogensport: 

“Bei KREUZDOMINANZ (Schützen die intuitiv zielen und der Händigkeit gefolgt sind)
Das Auge welches nicht(!) über den über dem Pfeil liegt, eventuell kurz nach dem Heben oder im Vollauszug schließen, um die Richtung zu kontrollieren bzw. korrigieren. Dann nach Möglichkeit wieder mit beiden Augen zum Ziel schauen. Oder Schießbrille verwenden, die nach dem Entfernungsschätzen vor das Nichtzielauge geklappt werden kann.”

Quelle: Urte Paulus – Das große Buch vom Bogensport – Verlag Angelika Hörnig – ISBN 978-3-938921-65-4

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Was ist besser bei Kreuzdominanz: Bogen nach Händigkeit oder Augendominanz

Früher wurde mehr oder weniger strikt nach Augendominanz entschieden und kreuz-dominanten Schützen die mit dem unpassenden Bogen begonnen hatten geraten, unbedingt auf den entsprechenden Bogen umzulernen.
Wer kreuzdominant ist und neu beginnt und keine allzu großen Schwierigkeiten damit hat, den Bogen mit der nicht-dominanten Hand zu ziehen, erspart sich dann natürlich oben erwähntes um-trainieren oder das zukneifen/abdecken eines Auges.
Umgekehrt gibt es durchaus auch intuitive Schützen mit Kreuzdominanz, die von Anfang an nach Händigkeit geschossen haben und bei denen das Gehirn im Zuge der Lernphase anscheinend auch gleich gelernt hat, das richtige Bild zu nehmen.

In meinen eigenen Einsteigerkursen halte ich es so, dass ich kreuzdominante Schützen über die damit einhergehenden Aspekte aufkläre und ihnen dann die freie Wahl lasse, ob sie den Bogen nach Händigkeit oder Auge wählen. – Immer mit der Option, zwischendurch auch zu wechseln. Dabei ist auffällig, dass relativ wenige Teilnehmer die nach Händigkeit gewählt haben, dann tatsächlich ein Problem mit der seitlichen Ausrichtung haben.
(Und ja: Natürlich streuen die am Anfang aufgrund von Bewegungsfehlern. Aber wenn man hinter ihnen steht, sieht man natürlich auch, ob die Ausrichtung vor dem Lösen passt 😉 )

Aber kreuz hin, dominant her: Alle ins Gold, alle ins Blatt!

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