Spiritualität und Bogenschießen
Inhaltsverzeichnis
Spiritualität ist ein weit gefasster Begriff. Er bezieht sich im Prinzip auf alles Geistige und zielt je nach Ausprägung auf Religion, esoterische Weltbilder, Selbstfindung, seelische Entwicklung etc. ab. Ein konkreter Konsens darüber, was Spiritualität eigentlich bedeutet, existiert de facto nicht. Der Umgang mit Pfeil und Bogen wird immer wieder auch als Teil spiritueller Praxis gepflegt. Dies geschieht in unterschiedlicher Weise. Im Folgenden erfährst Du mehr darüber, wie Spiritualität und Bogenschießen mitunter in Zusammenhang gebracht werden. Ebenso wird es darum gehen, warum das Hantieren mit Pfeil und Bogen überhaupt so gerne mit spirituellen Ansichten verknüpft wird.
Meditativ Bogenschießen
Meditation ist vielfach Teil spiritueller Praxis. Wie jede andere Tätigkeit auch, kann natürlich auch das Hantieren mit Pfeil und Bogen meditativ ausgeführt werden. Wer Meditation als Teil seiner Spiritualität betrachtet, dem bietet sich das Bogenschießen natürlich an. Die Tätigkeit an sich erleichtert es, durch den wiederkehrenden Bewegungsablauf in einen meditativen Zustand zu gelangen. Des Weiteren ist Bogenschießen als Meditation hier jedoch auch eine Übung in Achtsamkeit. Wer es bereits versucht hat, der weiß wie schwer es ist, den perfekten Treffer nicht anders zu bewerten als den Fehlschuss…
Bogenschießen als Meditation muss jedoch nicht zwingend mit irgend einem religiösen oder esoterischen Überbau von Spiritualität zusammenhängen. Meditativ Bogen zu schießen hilft auch Leistungsschützen dabei, ihren optimalen Zustand für das Bogenschießen zu erreichen. Oder wird auch einfach nur als Entspannungsübung praktiziert.
Kyudo, Zen Bogenschießen und Spiritualität
Kyudo ist die Kunst des japanischen Bogenschießens. Diese ursprünglich aus der Kriegskunst entstandene Form des Bogenschießens ist vor allem vom Shintoismus und Zen-Budhismus beeinflusst. Der Ablauf bei dieser traditionellen Form des Bogenschießens ist langsam und zeremoniell. Bezüglich Spiritualität werden in Bezug auf Kyudo meist die sogenannten drei größten Werte genannt:
- Shin – Wahrheit (Das korrekte Ausführen des Bewegungsablaufes in der richtigen Geisteshaltung)
- Zen – Güte (Angemessenes Handeln in allen Lebenssituationen. Soziale und moralische Werte)
- Bi – Schönheit (Die Etikette und Gestaltung der Kyudo-Zeremonie)
Erreicht werden soll vom Schützen, wenn er den Bogen voll ausgezogen hat und während er den Schuss abgibt, „Munenmuso“ oder auch „Mushin“. Diese Begriffe beuten soviel wie „leerer Geist“. Gemeint ist hierbei aufs höchste verdichtete Konzentration.
Kyudo, respektive Zen-Bogenschießen ist den meisten Menschen auf aufgrund des Buches „Zen in der Kunst des Bogenschießens“ von Eugen Herrigel bekannt. Herrigels Vermischung von Zen und Kyudo wird durchaus immer wieder kritische betrachtet, da es sich dabei um zwei voneinander getrennte Dinge handelt.
Davon abgesehen – Wer sich in seiner Spiritualität dem Zen oder japanischer Lebenskunst verbunden fühlt, wird sich auch mit dem diesbezüglichen Bogenschießen wohlfühlen.
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Spiritualität, Selbstfindung, Persönlichkeitsentwicklung, Symbolik
Mit dem Bogen umzugehen, Pfeile abzuschießen, ist des weiteren häufig Teil verschiedener Seminare, Bücher und Kurse, die sich um Spiritualität im Sinne von Selbstfindung und Persönlichkeitsentwicklung drehen. Vom rein psychologischen Ansatz, bis hin zur Verknüpfung mit philosophisch-esoterischen Annahmen, findet sich hier eine recht große Bandbreite.
Die Symbolik von Pfeil und Bogen lässt sich vielfach interpretieren. Allein der Wechsel von der geraden Linie – abgespannter Bogen – zum Kreis – der Bogen wird um so kreisförmiger je mehr er gespannt wird – lässt sich spirituelle in vielfacher Weise interpretieren. Hinzu kommen der ins Ziel ragenden Pfeil, der unwiederbringliche Pfeil (nachdem er abgeschossen wurde), der Wechsel aus Anspannung und Entspannung. Männlich, weiblich, Krieg, Kampf, Abwehr, Fokus, Konzentration, Wille, Willenslosigkeit – Es gibt kaum etwas, was sich im spirituellen Kontext nicht in die Symbolik von Pfeil und Bogen interpretieren lässt.
Was macht nun Bogenschießen in Bezug auf Spiritualität so attraktiv?
Ungeachtet aller religiösen und esoterischen Interpretationen steht der Bogenschießende Mensch vor einer unmöglichen Herausforderung. Um den zweiten Pfeil genau dorthin zu befördern, wo der erste Pfeil steckt, muss er den Bewegungsablauf absolut identisch ausführen. In der Praxis würde dies bedeuten, dass der erste Pfeil vom zweiten Pfeil gespalten wird. Ein solcher sogenannter „Robin-Hood“ Schuss passiert in der Realität tatsächlich hin und wieder. Er ist jedoch eine seltene Ausnahme. In den allermeisten Fällen streut der Schütze seine Pfeile mehr oder weniger breit gefächert über das Ziel.
Für den Anfänger ist das Problem hier klar: Er kann es einfach noch nicht, schließlich erlernt er gerade erst den Bewegungsablauf.
Je mehr der Schütze aber fortschreitet, desto diffiziler wird diese Herausforderung für ihn. Er kann ja den Bewegungsablauf an sich schon sehr gut. Er weiß wie er zu stehen, zu spannen, zu ankern, zu schauen, zu lösen und nachzuhalten hat. Er trifft auch sehr oft genau ins Ziel. Aber er spaltet nur sehr selten den ersten mit dem zweiten Pfeil. Sofern er nicht den Fehler macht und die Schuld daran beim Material sucht, gelangt er schließlich zu dem Schluss, dass sich auch sein innerer Zustand auf den Schussablauf auswirkt – Womit er völlig recht hat.
Weiter kommen beim Bogenschießen natürlich noch mehr Aspekte hinzu, die mit dem Thema Spiritualität in Verbindung stehen. Die Angst davor danebenzuschießen, zum Beispiel, oder der Umgang mit Misserfolgen, Leistungsdruck, die Unwägbarkeiten des Lebens (Schiedsrichterentscheidungen, Wetter, nervige Mitschützen etc.), Selbst- und Fremdansprüche.
All diese Dinge können auf rein psychologischer Ebene betrachtet werden. Aber sie können auch in einem religiösen, esoterischen, philosophischen Kontext betrachtet werden. Eben deshalb werden Spiritualität und Bogenschießen gerne zusammengebracht.
Bestätigung des spirituellen Weltbildes, wenn der Pfeil trifft
Wie nach allem obigen klar ist, lässt sich also das Bogenschießen in so gut wie jede Form der Spiritualität einbetten. Konsequenterweise wird ein Treffer – oder gar ein Robin Hood Schuss – dann natürlich auch als Bestätigung des jeweiligen spirituellen Weltbildes gesehen. Das Spannende an der Sache: Nach dieser Logik wird jedes wie auch immer geartete spirituelle Weltbild als richtig bestätigt. Letztlich bekommt nämlich der eingefleischteste Rationalist den perfekten Schuss genau so hin, wie der verwegenste Esoteriker. Demnach kann also jegliche Form der Spiritualität genauso als richtig wie auch als falsch angesehen werden…
Und genau das ist das Schöne am Bogenschießen. So wie ich gerne sage:
„Mann muss beim Bogenschießen an nichts glauben.
Nicht einmal an sich selbst.
Aber man kann, wenn man möchte.“
Alle ins Gold, alle ins Blatt!
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